Werner Kühn um 1955 |
Mein Vater Werner Kühn arbeitete als Vorsitzender der Plankommission beim Rat des Kreises Sondershausen. In seinen Zuständigkeitsbereich fiel auch das NAW (Nationales Aufbauwerk in der DDR) im Kreis Sondershausen. Mein Vater lebte nach festen Prinzipien und war auch im dienstlichen Bereich sehr engagiert mit hohem persönlichen Einsatz tätig.
1951 musste der Possenturm für den Besucherverkehr gesperrt werden. Teile des Holzfachwerkes im Unterbereich waren zerstört und der Turm neigte sich immer mehr, er drohte ein- bzw. umzustürzen.
Die maßgebenden Mitarbeiter in den staatliche Stellen und der Partei (SED) waren nicht an der Erhaltung des Turmes interessiert und stellten daher auch keine Mittel dafür zur Verfügung. Mein Vater stammte aus Leipzig und war in einer Umgebung aufgewachsen, in der Natur, Kultur, Tradition etc. eine große Rolle spielten. Insofern unterschied er sich von vielen seiner Mitarbeiter.
Turmneigung 1955 |
Am Possenturm durchgeführte Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass der Turmkopf schon eine Verschiebung aus der Lotrechten von 80 cm besaß, die weiter zu nahm. Außerdem wurde festgestellt, dass der Turm ohne Verankerung auf dem Fundament stand, wodurch seine Kippsicherheit nicht mehr gewährleistet war.
Mein Vater nahm sich ab 1955 der Angelegenheit mit großem Elan an. Er organisierte Spendenaktionen, appellierte an die Kommunen des Kreises, an die übergeordnete staatliche Stelle beim Rat des Bezirkes Erfurt, veröffentlichte mehrfach in der lokalen Presse "Das Volk".
Ausschnit aus einer Spendenliste |
Mein Vater war es auch gelungen, über gute persönliche Kontakte Lottomittel zu beschaffen, so dass nach mehrjähriger Vorbereitung an die Realisierung der Sicherungsarbeiten gegangen werden konnte. Auch dabei war er ständig involviert.
Artikel in "Das Volk" vom 5.1.1956 |
Aus einem Gedicht des "Schwarzvertlers" |
Auch Karl Krieghoff (D'r Schwarzvertler, † 2.11.1984 ) unterstützte die Erhaltung des Possenturms. Er wirkte als Mundartdichter in Sondershausen und war in der Bevölkerung bekannt und beliebt. Seine Verse handelten vom täglichen Leben, vom Denken und Handeln der einfachen Leute.
Mein Vater spielte bei der Aktion "Rettet den Possenturm" eine entscheidende Rolle. Er gab nicht nur den Anstoß für diese Aktion, sondern förderte und organisierte sie bis zum erfolgreichen Abschluss.
Mit Geduld und Zähigkeit verfolgte er dieses Ziel und engagierte sich dabei weit über den Bereich seiner beruflichen Pflichten hinaus.
Mein Vater spielte bei der Aktion "Rettet den Possenturm" eine entscheidende Rolle. Er gab nicht nur den Anstoß für diese Aktion, sondern förderte und organisierte sie bis zum erfolgreichen Abschluss.
Mit Geduld und Zähigkeit verfolgte er dieses Ziel und engagierte sich dabei weit über den Bereich seiner beruflichen Pflichten hinaus.
Möglicherweise würde es den Possenturm ohne seinen Einsatz heute nicht mehr geben. Es war 5 Minuten vor zwölf, und eine andere Variante zu seiner Rettung war damals nicht in Sicht.
Fa. Heyne bei der Arbeit |
Auf Grund geänderter gesetzlicher Regelungen über den Aufbau des Staatsapparates musste mein Vater 1958 seine Tätigkeit beim Rat des Kreises aufgeben - er war "kaderpolitisch nicht mehr tragbar". So konnte er auf die weiteren Baumaßnahmen keinen Einfluss mehr nehmen. Das Thema verschwand ab dieser Zeit weitesgehend aus den Akten und der Presse.
Auf jeden Fall war aber das Hauptziel erreicht, der Turm gerettet und die Basis für weiterführende Arbeiten geschaffen.
Ulrich Kühn